Der Rechtsruck, der durch die Gesellschaft geht und sich auch in den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg verdeutlicht hat, bereitet vielen von uns Sorgen. Daher nutzen wir hier die Gelegenheit, um die rechtlichen Rahmenbedingungen dazu, was noch in der Schule gesagt werden darf und wie wir mit unserem Handeln die Demokratiefähigkeit unserer Schüler*innen fördern können, in den Fokus zu rücken.
Für die politische Bildung in der Schule gilt der Beutelsbacher Konsens. Vielen Lehrkräften in den gesellschaftwissenschaftlichen Fächern dürfte er bekannt sein, für alle Anderen, lohnt sich ein genauerer Blick.
An dieser Stelle seien nur die wichtigsten Grundprinzipien und Irrtümer erwähnt.
Laut des Beutelsbacher Konsens dürfen Schüler*innen von Beschäftigen in der Schule nicht indoktriniert werden (Überwältigungsverbot). Das bedeutet, dass ich meine Meinung nicht als Fakt darstellen darf, sondern dem Kontroversitätsgebot folgend, alle Themen, die in der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden, auch im Unterricht kontrovers behandeln muss. Die AfD propagiert gerne, dass Schulbeschäftigte neutral sein und alle Parteien wertneutral darstellen müssen. Dies entspricht nicht der aktuellen Rechtslage, denn wir bewegen uns in der Schule nicht in einem „werteleeren“ Raum. Wir sind an die Werte aus dem Grundgesetz, der niedersächsischen Verfassung und dem Schulgesetz gebunden. Dazu gehören unter anderem Solidarität, Toleranz und Gleichberechtigung der Geschlechter. Darauf dürfen unsere Äußerungen durchaus beruhen, genau wie die Bewertung von menschlichem oder parteilichem Handeln.
Im Juni 2021 trat ein Erlass in Kraft, der Demokratie in den Schulen stärken sollte. Mitten im Chaos der Pandemie fand er jedoch wenig Beachtung, es lohnt sich aber, ihn sich noch einmal anzusehen.
Der Runderlass „Stärkung der Demokratiebildung an öffentlichen allgemein bildenden und berufs-bildenden Schulen sowie Schulen in freier Trägerschaft“, der am 01.06.2021 in Kraft getreten ist, ist Teil des Programms „Demokratisch gestalten – eine Initiative für Schulen in Niedersachsen“.
Der Demokratiebildungserlass bildet dabei neben dem Erlass für BNE die systemische Grundlage, um mehr Demokratiebildung in den Schulen zu ermöglichen und zu fordern.
Der Erlass verdeutlicht, dass Personen in Schulen nicht an einem wertneutralen Ort sind, sondern es klare Werte in Schule gibt, die auch vertreten werden müssen. Um diese Werte leben zu können, müssen Schulen divers und inklusiv sein, indem sowohl Schüler*innen als auch Kolleg*innen dies in ihrem täglichen Handeln zeigen.
Vor allem was die Wertneutralität der Schule angeht, ist dieser Erlass erfreulich eindeutig.
Er macht deutlich, dass Meinungen, die mit unseren demokratischen Werten nicht vereinbar sind, auch nicht hingenommen werden dürfen, sondern kritisch hinterfragt werden müssen.
Die Richtung, in die dieser Erlass weist, ist durchaus positiv und auch von der gesellschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre geprägt. Dennoch bleibt der Erlass noch recht vage und fordert nur wenige klare und eindeutige Maßnahmen. Immerhin muss nun jede Schule hinterfragen, ob die Demokratiebildung einen sichtbaren Platz im Schulprogramm bzw. in den Zielvereinbarungen hat und die Kolleg*innen tatsächlich angemessen in diesem Bereich geschult worden sind.