
Der diesjährige Fachgruppentag der GEW Weser-Ems hat am 4. September im PFL in Oldenburg stattgefunden. Das Thema lautete „Gewalt gegen Beschäftigte in Schule. Was können wir tun?“. Klaus Seifried aus Berlin, u. a. Schulpsychologiedirektor i. R., bot in einem einstündigen Vortrag einen umfassenden Einblick in die Materie. Schnell wurde deutlich, wie vielschichtig das Thema ist und wie weitreichend die Auswirkungen in den Schulen bereits sind. „Konflikte sind der größte Belastungsfaktor“, so die Aussage von Klaus Seifried zu Beginn. Gerade, weil Konflikte in allen Bereichen des menschlichen Zusammenseins dazugehören, müssen sie in Schule frühzeitig professionell begleitet und bearbeitet werden, denn: Konflikte wachsen, wenn sie nicht gelöst werden! Physische, verbale oder psychische Gewalt, in direkter Form oder im Internet, über social Media oder Chatgruppen, ausgeübt von Schüler*innen, Kollegen und Kolleginnen oder Eltern: Gewalt ist in Schulen allgegenwärtig und Gewalt macht krank. Oft zeigen sich Schüler*innen uneinsichtig, Eltern sind nicht kooperationsbereit, Schulleitungen wirken überfordert oder es fehlt ganz einfach die Zeit für ein umfassendes Konfliktmanagement.
Es schließt sich die Frage an: „Kann die Schule besser sein als die Gesellschaft“, denn Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.
Abschließend beschreibt Klaus Seifried das Entstehen von Konflikten aus psychologischer Perspektive. Eine Ursache: Missverständliche Kommunikation gepaart mit einer missverständlichen Interpretation bzw. einer subjektiven Wahrnehmung löst negative Gefühle und in der Folge Konflikte aus. Weitere Ursachen sind beispielsweise Streit um knappe Ressourcen oder Macht über Mitmenschen, der Wunsch, andere zu verändern und der Widerstand dagegen – und das ist ein zentrales Thema von Schule. Ziel der Pädagogik sollte sein: Konflikte lösen – statt siegen. Ein gutes Klassen- und Schulklima, gute Beziehungen zwischen Lehrkräften und Schüler*innen, die Ausbildung von Schüler*innen zu Streitschlichtern, Klassenrat in allen Schulformen und Supervisionsangebote für multiprofessionelle Teams sind zentrale Bausteine der Prävention von Gewalt.
Nach der anschließenden Diskussion verteilten sich die Teilnehmenden auf drei Workshops. Zwei Workshops mit dem Titel „Wie gehe ich mit Konflikten um? Strategien zur Deeskalation“ wurden von den beiden Schulpsychologen aus dem RLSB Osnabrück Frank Aufhammer und Johannes Läsche bzw. von Klaus Seifried durchgeführt.
Die Teilnehmenden setzten sich nun mit dem eigenen Konfliktverhalten auseinander: Sie erkannten verschiedene Konfliktstile, lernten Eskalationsmodelle kennen und reflektierten, wie sich Konflikte im Schulalltag entwickeln können. Auf dieser Grundlage wurden konkrete Empfehlungen zur Deeskalation vermittelt — praxisnahe Strategien, die sofort im Unterricht und in Gesprächssituationen angewendet werden können. Ebenso thematisiert wurden Möglichkeiten der kollegialen Unterstützung sowie die Rolle der Schulleitung bei der Konfliktbewältigung.
Der dritte Workshop „Schule = rechtsfreier Raum? Was tun bei strafbarem Verhalten?“ lag in Verantwortung der Kriminalhauptkommissarin Sandra Behrens, dem Kriminalhauptkommissar Dennis Dähnenkamp (beide Polizeiinspektion Oldenburg) sowie der Oberstaatsanwältin Dr. Carolin Casagna.
Dort standen institutionelle Abläufe und rechtliche Aspekte im Mittelpunkt: Welche Regeln, Abläufe und Notfallpläne sind sinnvoll und welche Kernaussagen gelten für den einschlägigen Erlass, der sich mit der Zusammenarbeit von Schule, Polizei, Staatsanwaltschaft und weiteren Institutionen beschäftigt (Nds. MBl. Nr. 29/2014 S. 538). Es wurden externe Unterstützungs‑ und Hilfsangebote vorgestellt, Präventionsprogramme der Polizei erläutert sowie die Aufgaben der Staatsanwaltschaft erklärt. Abschließend erhielten die Teilnehmenden einen kompakten Überblick über die rechtlichen Hintergründe — von der Strafmündigkeit über Anzeige‑ und Informationspflichten bis hin zu den Abläufen nach einer Straftat und möglichen Verurteilungen — damit sie in kritischen Situationen rechtssicher und gut informiert handeln können.
Nach der wohlverdienten Mittagspause gab es Kurzberichte aus den Workshops und einen regen Austausch im Plenum.
Der Fachgruppentag endete schließlich mit einem Treffen in den jeweiligen Fachgruppen zur Nachbesprechung dieses interessanten und ereignisreichen Tages.
Fazit
Obwohl das Thema „Gewalt“ in den Schulen nicht erst seit gestern angekommen ist, besteht in vielen Bereichen noch deutlicher Handlungsbedarf. Niedersachsen ist das Bundesland mit der schlechtesten schulpsychologischen Versorgung.
Krisenteams an allen Schulformen sowie regelmäßige Fortbildungen, damit Abläufe verlässlich und rechtssicher umgesetzt werden können, müssen an den Schulen eingeführt werden. Angebote für Supervision und Coaching für multiprofessionelle Teams sollten verbindlich vorgesehen und konkret mit dem Ziel von Prävention und Entlastung beschrieben werden. Für Gewaltvorfälle müssen psychosoziale, organisatorische und rechtliche Unterstützungs‑ und Nachsorgeangebote bereitgestellt werden – sowohl zur Erstversorgung als auch zur langfristigen Begleitung. Im Erlass sollte zudem klar festgelegt werden, welche Aufgaben die einzelnen Protagonisten in den Schulen übernehmen, damit ihre Rolle gegenüber Polizei und Justiz deutlich wird.