Die hohe Kunst des Zauberns besteht darin, dem verehrten Publikum mit allerlei Tricks glaubhaft zu machen, die Regeln der Realität außer Kraft setzen zu können. Auf diese Weise kann man Menschen verschwinden lassen oder Hasen aus Zylinder ziehen. Die verblüfften Zuschauer und Zuschauerinnen quittieren solche Darbietungen gerne mit Applaus.
Offensichtlich orientierte sich Kultusminister Grant Hendrik Tonne an den Künsten dieser Zunft, als er Anfang des Jahres auf mehreren öffentlichen Veranstaltungen versicherte, die Unterrichtsversorgung an den niedersächsischen allgemein bildenden Schulen zum Sommer in den Griff zu bekommen. Damit war ihm Beifall sicher.
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Arbeitsmarkt für Lehrkräfte auch schon im Februar leergefegt war, war klar, dass hier nur ein magischer Trick Abhilfe schaffen konnte.
Nun, im August 2018, wissen wir: Grant Hendrik Tonne kann gar nicht zaubern.
In Weser-Ems konnten auch zu Beginn des Schuljahres weit über 100 Stellen nicht besetzt werden. Dabei ist die Situation besonders in den Randlagen und dort in den Grund-, Haupt-, Real- und Oberschulen äußerst angespannt, zumal hier auch in der letzten Runde Stellen offen geblieben sind. Ein Ende der Abordnungen von den etwas besser versorgten Gymnasien und Gesamtschulen an die anderen allgemeinbildenden Schulen rückt damit auch in weite Ferne.
Die Situation an den niedersächsischen Schulen ist ein Symptom betriebswirtschaftlichen Versagens mehrerer Landesregierungen über einen langen Zeitraum. Dabei hat man zwei einfache Regeln einfach ignoriert:
1. Wenn ein Arbeitgeber Arbeitskräfte braucht, dann muss er dafür sorgen, dass er Menschen ausbildet, die er später auch einstellen kann.
2. Wenn dringender Bedarf herrscht, dann wäre der Arbeitgeber klug beraten, die Attraktivität der zu besetzenden Stellen zu erhöhen.
Nur genau das haben die bisherigen Landesregierungen nicht gemacht. Im Gegenteil: Durch eine Reihe von Maßnahmen hat die Attraktivität des Berufs „Lehrer/Lehrerin in Niedersachsen“ kräftig Schaden genommen. Absenkung der Besoldung durch Wegfall der Sonderzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld, Verlängerung des Studiums für etliche Lehrämter bei gleichbleibender niedriger Eingangsbesoldung oder die ständig fortschrei-tende Arbeitsverdichtung schrecken davor ab, überhaupt als Lehrkraft in die Schule zu gehen. Vermeintlich sicherer Job hin oder her.
In der Konsequenz bedeutet dies: Es gibt aktuell nicht genügend Lehrkräfte, die man einstellen kann. Selbst das Potenzial von Quereinsteiger*innen reicht nicht aus, die Lücken zu schließen.
Die Landesregierung muss die Attraktivität des Lehrer*innenberufes schnell und nachhaltig erhöhen.
Die GEW ruft hierzu zu einer landesweiten Demonstration am 13. September vor dem Landtag in Hannover auf.
Hinweis: Zu den Ursachen des Lehrkräftemangels lassen sich ausführliche Informationen auf der Webseite der GEW Weser-Ems finden.
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