Niedersachsen öffnet stufenweise die Schulen
Das ging schnell. Knapp einen Tag nach der Konferenz der Ministerpräsident*innen mit der Kanzlerin erreichte die Schulen eine Email des Kultusministers. Ihr wesentlicher Inhalt: Ein Leitfaden für Schulleitungen und Kolleg*innen, in dem das Kultusministerium erläutert, wie die Öffnung der Schulen in Niedersachsen laufen soll. Hier folgen die wesentlichen Schritte in der Übersicht:
1. Die Jahrgänge werden nach und nach an die Schulen zurückgeholt.
Ab dem 27. 04. kommen die Abschlussklassen der neunten und zehnten Jahrgangsstufe, in denen Prüfungen abgelegt werden, sowie die Abiturient*innen in die Schule.
Der 4. Mai ist der Stichtag für den vierten Jahrgang. Am 11.05. folgen die Schüler*innen des zwölften Jahrgangs, eine Woche später (18. 05.) die dritten, neunten und zehnten Jahrgänge. Noch nicht ganz klar ist, wann die übrigen Jahrgänge genau die Schule besuchen sollen. Angedacht ist das zunächst die Jahrgänge 2, 7, 8 und 11 in einer ersten Phase und danach die Jahrgänge 1, 5 und 6 im Zeitraum von Ende Mai bis Anfang Juni folgen. Minister Tonne machte auf der Pressekonferenz am 16. April aber deutlich, dass die gesamte Planung immer unter dem Vorbehalt stehe, dass die aktuelle Situation der Pandemie ein Umsteuern nötig machen könne.
Unabhängig von diesem Stufenplan wird die Notbetreuung ausgebaut.
2. Die Lerngruppen werden in der Regel halbiert. Der Unterricht erfolgt umschichtig.
Um ausreichende Abstände zwischen den beteiligten Personen in den schulischen Räumen gewährleisten zu können, werden die Klassen geteilt. Der Unterricht erfolgt umschichtig. Dies bedeutet, dass immer eine Hälfte der Schüler*innen zu Hause bleibt.
Das Kultusministerium hat in seinem Leitfaden vier Modelle vorgestellt, wie Schulen dies organisieren können. Für Prüfungsjahrgänge ist allerdings zwingend vorgesehen, dass mit jedem neuen Wochentag die jeweils andere Hälfte einer Lerngruppe unterrichtet wird.
3. In der Schule gelten Abstandsregelungen und ein Hygieneplan.
Um die Gefahr einer Ansteckung mit dem SARS-CoV2 Virus zu minimieren, gelten in der Schule Abstandsregelungen. Zu kei-ner Zeit soll es zu Ansammlungen von Personen im oder außerhalb des Klassenraums kommen. Aus diesem Grunde werden Schulen auch kreative Pausenregelungen finden müssen.
Zusätzlich sind die Schulen verpflichtet einen Hygieneplan aufzustellen und einzuhalten. Das Kultusministerium verspricht dazu, in den nächsten Tagen einen Musterplan den Schulen zur Verfügung zu stellen.
Die Schulträger sind in der Pflicht, die Materialien, die für die Einhaltung der Hygienevorschriften notwendig sind, im erforderlichen Umfang zu beschaffen.
Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes wird im Leitfaden „nach derzeitigem Stand nicht für erforderlich erachtet, aber für den Zeitraum der Schülerbeförderung und für die Pausen empfohlen.“
Für unsere Flächenregion, in der sehr viele Schüler*innen mit dem Bus zur Schule kommen, wird das Einhalten der Abstandsvorschriften beim Transport vermutlich eine große Herausforderung werden.
4. Kein Sport, keine AGs und Kurse
Lediglich in der gymnasialen Oberstufe wird es noch Sportunterricht geben, der in einem entsprechenden Erlass geregelt werden wird. Für die Jahrgänge 1-10 fällt dieser aus.
Damit Lerngruppen nicht gemischt werden, finden auch keine Arbeitsgemeinschaften oder Wahlpflichtkurse statt. Dies gilt auch für leistungsdifferenzierende Kurse an Gesamtschulen. Hier erfolgt der Unterricht nun binnendifferenzierend im Klassenverband.
5. „Lernen zu Hause“ wird verpflichtend
Lt. der Presseerklärung des Kultusministeriums ist ab dem 22. April das häusliche Lernen verpflichtend. Die Klassenlehrer*innen erhalten hierzu Materialien von den Fachlehrkräften und leiten diese an die Schüler*innen über zu etablierende Kommunikationswege weiter. Der Leitfaden sieht eine Übermittlung per Mail, per Post, aber auch ein Abholen von Materialien in der Schule vor.
Es sind Zeitrichtwerte für das häusliche Lernen vorgegeben. So soll beispielsweise die Zeit für das häusliche Lernen für die Schuljahrgänge 5 bis 8 einen Zeitrichtwert von 3 Stunden nicht überschreiten. Die so erstellten Arbeiten werden nicht bewertet.
6. Verpflichtende Kommunikation mit Schüler*innen und Erziehungsberechtigten
Klassenlehrkräfte sollen mindestens einmal pro Woche Kontakt zu ihren Schüler*innen aufnehmen, alle Lehrkräfte bieten zudem verbindliche Sprechzeiten an. Dabei kann die Kommunikation über Telefon, Chat, Videokonferenz oder sogar Einzelberatungen in der Schule erfolgen. Für den Zeitraum der Pandemie soll es Lockerungen hinsichtlich des Datenschutzes geben, die es auch erlauben, kritische Messenger-Systeme wie WhatsApp nutzen dürfen.
7. Lehrkräfte und Schüler*innen, die zu einer Risikogruppe gehören, können im Home-Office arbeiten.
Das Ministerium orientiert sich in dieser Frage an den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts. Zu den Risikogruppen gehören Personen über 60 Jahre und/oder mit folgenden Vorerkrankungen:
- Diabetes
- Herzkreislauferkrankungen
- Erkrankungen des Atemsystems, der Leber, der Niere
- Krebserkrankungen
- Erkrankungen, die mit einer Immunschwäche einhergehen
Die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe ist bei Lehrkräften durch ein ärztliches Attest zu belegen.
Leider lässt sich aus dem Leitfaden nicht ableiten, inwieweit sich diese Regelungen auch auf das gesamte in Schule beschäftigte Personal übertragen lassen.
Unklar ist im Moment ebenfalls, wie der Nachweis erbracht werden soll, dass man mit einer Person einer Risikogruppe in häuslicher Gemeinschaft lebt. In jedem Fall soll dieser Perso-nenkreis im Home-Office verbleiben dürfen.
Die Informationen des MK sind frisch und werfen natürlich weitere Fragen auf. Auf der Webseite www.gewweserems.de ist ein FAQ zu den aktuellen Maßnahmen zu finden. Dort findet sich auch der Leitfaden des MK. Die Seite wird laufend aktualisiert. Eine kritische Bewertung folgt, sobald die konkreten Erlasse vorliegen.