Hallo, Claudia, Du bist nach der Wahl neu im Schulbezirkspersonalrat. Magst Du Dich kurz vorstellen?
Claudia: Bevor ich Lehrerin wurde, habe ich zwei Berufsausbildungen absolviert. Die Berufe haben mir für eine gewisse Zeit Spaß gemacht. Allerdings mag ich die berufliche Veränderung und Herausforderung. Ich habe mich dann erst mit 38 Jahren für das Studium zur Realschullehrerin mit den Fächern Wirtschaft und Technik entschieden. Einige Jahre später habe ich ein Ergänzungsstudium zur Förderschullehrerin abgeschlossen. Meine erste Stelle bekam ich 2012 an der IGS Kreyenbrück in Oldenburg, wo ich auch heute noch als Förderschullehrerin in der Inklusion eingesetzt und Mitglied im Schulpersonalrat bin.
Den Einstieg in die Betriebsratsarbeit fand ich während meiner Berufstätigkeit als Reiseverkehrskauffrau bei einem großen Reiseveranstalter. Dort wurde mir die Wichtigkeit, sich gewerkschaftlich zu organisieren, sehr deutlich. So konnten wir uns als Betriebsrat dafür einsetzen, dass unsere Änderungskündigungen bessere Konditionen enthielten, als zunächst vom Arbeitgeber angeboten wurde. Gerade in einer Arbeitswelt, die im ständigen Wandel ist und durchökonomisiert wird, immer mehr prekäre Arbeitsverträge entstehen, ist es mir ein Anliegen, dass die erkämpften wirtschaftlichen und sozialen Interessen eingehalten bzw. verbessert werden.
In der GEW bin ich seit einem Jahr im geschäftsführenden Vorstand auf Bezirksebene.
Warum hast du dich für die Wahl zum Schulbezirkspersonalrat aufstellen lassen?
Claudia: Kurz vor meinem Masterstudium erhielt ich meinen ersten Vertretungsvertrag an einer Schule. Der Zeitraum war befristet von den Osterferien bis zu den Sommerferien. Als mir meine gesetzlich zustehenden Urlaubstage als (damals noch) Tarifbeschäftigte nicht gewährt wurden, war mir klar, dass auch auf Landesebene noch viel Potential an gewerkschaftlicher Arbeit benötigt wird. Wenn man etwas verändern will, sollte man nicht darauf warten, dass diese Aufgabe von anderen übernommen wird, sondern nach Möglichkeit selbst etwas tun.
Was hat dich in den ersten Wochen am meisten beeindruckt?
Claudia: Ich war erstaunt, dass es anscheinend bei vielen in Schule Beschäftigten große Unsicherheiten hinsichtlich ihrer Rechte und Pflichten gibt. Mit so vielen Anrufen und Anliegen habe ich nicht gerechnet. Gerne möchte ich daran mitwirken, dass die Kolleg*innen mehr Klarheit und Sicherheit im täglichen Handeln zu bekommen.
Kannst Du ein Beispiel nennen?
Claudia: Aufgrund der aktuellen Corona Krise sind viele Anfragen von Kolleginnen und Kollegen hinsichtlich der Umsetzung und Mitbestimmung der Rahmenhygienepläne und der Ausgestaltung der Erlasse und Rundverfügungen aufgelaufen. Einige Schulleitungen haben in der besonderen Situation vermutlich nicht daran gedacht, ihre Personalräte mit einzubeziehen. Ich bin auch Mitglied in der Arbeitsgruppe Arbeits- und Gesundheitsschutz (AuG) und weiß daher: Die Einhaltung und Umsetzung dieser Vorgaben ist sehr wichtig. Die Schulen gehen aber sehr unterschiedlich mit diesen Themen um. So ist es an einigen Schulen nicht selbstverständlich, dass die Schulpersonalräte in die konkrete Umsetzung der Vorgaben einbezogen wurden.
Nicht überall hat sich herumgesprochen, wie ausgeprägt die Mitbestimmung der Schulpersonalräte ist und wie man gleichberechtigt und vertrauensvoll zusammenarbeiten kann.
Der Personalrat hat z.B. bei Maßnahmen zur Verhütung von Dienst‐ oder Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und sonstigen Gesundheitsschädigungen mitzubestimmen. Diese Aufgabe kann er nur wahrnehmen, wenn er rechtzeitig von der Schulleitung informiert und beteiligt wird.
Wie sieht Dein Blick in die Zukunft aus?
Claudia: Mir ist es ein großes Anliegen, mich für mehr Arbeitszufriedenheit einzusetzen. Der Arbeitsplatz Schule ist nicht mit einem Arbeitsplatz in der freien Wirtschaft zu vergleichen. Nennenswert sind hier die „unklaren“ Arbeitszeiten von Lehrerinnen und Lehrern, die unterschiedliche Bezahlung und Stundenverpflichtung für teilweise gleiche Arbeit, die gerechte Umsetzung von Teilzeitarbeit und den Einsatz von Lehrkräften in der Inklusion.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Wencke Hlynsdóttir