Personalmangel an Schulen und das „Teilzeitproblem“      

Laut Statistischem Bundesamt lag die Teilzeitquote der Lehrkräfte für das Schuljahr 2020/21 bei knapp 40%, ein Höchstwert seit 2011. Schnell kam die Idee auf, dem Personalmangel an Schulen entgegenzuwirken, indem die Teilzeitbewilligung der Lehrkräfte verringert wird. Vergleicht man die Teilzeitquote aller abhängig Beschäftigten über alle Wirtschaftszweige hinweg, lag diese im Jahr 2021 bei 30%.
Was sind die Gründe dafür, dass Lehrer*innen häufiger Teilzeit beantragen als andere Arbeitnehmer*innen in der freien Wirtschaft?

Eine zeitlich begrenzte Teilzeitbeschäftigung aus familiären Gründen ist sicherlich sinnvoll. Oft denken aber Kolleg*innen nicht daran, dass sich die Jahre in Teilzeit in erheblichem Maß auf die Höhe der Pension oder bei Tarifbeschäftigten auf die Rente auswirken.

Wir bemerken zudem, dass Kolleg*innen, auch wenn die eigenen Kinder nicht mehr so viel Betreuung benötigen, die Stunden nicht wieder erhöhen. Ist das ein Zeichen dafür, dass die Aufgaben mehr geworden sind und sich Schule und Privat- oder Familienleben immer weniger vereinbaren lassen? Gibt es einen Zusammenhang mit der hohen Teilzeitquote bei Lehrkräften und der steigenden Arbeitsbelastung?

Durch Gespräche mit Beschäftigten an Schulen stellen wir einen Trend zur Reduzierung der Stunden fest, um die Arbeit überhaupt zu schaffen. Auffällig ist, dass sich auch junge Kolleg*innen häufiger über eine Stundenreduzierung aus persönlichen Gründen Gedanken machen. Es ist bedenklich, dass Beschäftigte eine geringere Bezahlung und eine geminderte Pension oder Rente in Kauf nehmen, da die zahlreichen Aufgaben mit einer Vollzeitstelle nicht zu schaffen sind.
Das führt zu Frustration am Arbeitsplatz und einem Gefühl der Unzulänglichkeit. Sicherlich kann auch die persönliche Arbeitsorganisation oder der eigene Anspruch an die Arbeit ein Belastungsfaktor sein, aber eine Vollzeitstelle muss möglich und die Arbeit auch leistbar sein. So kann das nicht weitergehen!
In den meisten Fällen ist aber nicht der persönliche Arbeitsstil oder die -geschwindigkeit das Problem, sondern die schiere Fülle an Aufgaben, die es zu bewältigen gilt. Im Schulalltag stellt der reine Unterricht oft die geringste Belastung dar. Problematisch sind all die Aufgaben, die nebenbei erledigt werden müssen. Einladungen für Elternsprechtage, Klassenausflugsplanungen, Dokumentation von Schüler*innen-leistungen oder der Umgang mit herausforderndem Verhalten einiger Schüler*innen. Gerade jetzt in der Personalmangelsituation ist die Betreuung von zwei Klassen oder das Zusammenlegen von Lerngruppen keine Seltenheit und frisst unfassbar viel Zeit und Kraft. Viele Kolleg*innen fragen sich dann, ob die Reduzierung der Stunden der einzige Weg ist, um gesund zu bleiben?
Aus gewerkschaftlicher Sicht, ist hier ein klares NEIN die Antwort. Es handelt sich hier um ein systemisches Problem, das auf politischer und behördlicher Ebene gelöst werden muss. Gewerkschaftliche Forderungen, Klassen zu verkleinern und Unterrichtsverpflichtung zu reduzieren, damit es überhaupt möglich ist langfristig gesund in Vollzeit zu arbeiten, gibt es schon lange. Es ist ein Trugschluss, anzunehmen, dass in Teilzeit die Arbeit proportional auch weniger würde.
Es gibt zahlreiche unteilbare Aufgaben, die trotzdem erledigt werden müssen. Lehrkräfte, die aus familiären Gründen in Teilzeit arbeiten, können ein Lied davon singen. Daher ist unser Appell: Wer sich überlastet fühlt, sollte sich über Möglichkeiten beraten lassen, entlastet zu werden. Wendet euch gerne an die Mitglieder des Schulbezirkspersonalrat. Macht politisch Druck, damit Arbeit in Vollzeit in der Schule wieder möglich und auch attraktiv ist, denn nur so können künftig Schulen personell ausgestattet werden. Arbeitet aktiv in eurer Gewerkschaft mit, um den politischen Druck zu vergrößern, denn nur gemeinsam mit viel Rückhalt, können wir langfristige Veränderungen durchsetzen.

von Claudia Lüchtenborg und Karin Maanen