Die aufgrund der Coronapandemie durchgeführten Maßnahmen stellen alle Beteiligte vor nie gekannte Herausforderungen. Mit dem Präsenzunterricht der 4. Klassen begann am 4. Mai für die Grundschulen die Umsetzung des vorgeschriebenen Hygieneplans. Nachdem am 18. Mai der Jahrgang 3 hinzugekommen ist, gibt der konkrete „Fahrplan“ aus dem MK vom 14.05.2020 nun vor, dass bis Mitte Juni alle Jahrgänge den Präsenzunterricht wieder aufzunehmen haben.
Inklusiv beschulte Kinder starten entsprechend den Empfehlungen der Förderschulen.
So unterschiedlich die räumlichen Gegebenheiten und die personellen Ressourcen an den jeweiligen Schulen sind, so unterschiedlich sind die Möglichkeiten, die notwendigen Maßnahmen umzusetzen. Der gegenwärtige Präsenzunterricht von zwei Jahrgängen bei parallel laufender Notbetreuung bringt bereits viele Schulen in Bedrängnis. Kommen demnächst noch zwei Jahrgänge hinzu, wird es an vielen Grundschulen im wahrsten Sinne des Wortes eng. Die jüngeren Schüler*innen werden einige Zeit benötigen, die vorgegebenen Hygieneregeln zu beachten. Das wird sich vor allem in den Pausensituationen zeigen, wenn die Kinder unbedacht miteinander spielen. Vor allem die Jüngeren werden immer wieder auf die Abstandsregeln hingewiesen werden müssen. Aber auch während des Unterrichts werden sich schwierige Situationen ergeben. Grundschullehrkräfte kennen das: Ein Kind muss auf Toilette – alle Kinder müssen auf Toilette. Wer kontrolliert das Geschehen auf den Toiletten? Sind dort bereits Kinder aus anderen Klassen? Haben sich die Kinder die Hände gewaschen? Der Unterricht könnte tatsächlich zur Nebensache werden. Auch werden Lehrkräfte den Mindestabstand zu den Schülerinnen und Schülern nicht immer einhalten können. Da geht ein Schuh nicht zu oder eine Jacke nicht auf. Da gibt es einen bösen Sturz oder heftiges Nasenbluten. Kultusminister Tonne gewährt den Schulen ein großes Maß an Flexibilität. Zwar soll „jeder Schüler und jede Schülerin […] so viel Präsenzzeit wie möglich in der Schule haben, aber natürlich nur in dem Rahmen, in denen es möglich ist, dies zu verantworten.“ So wird auf die Möglichkeit hingewiesen, den Umfang des Präsenzunterrichts an die Gegebenheiten anzupassen.
Die Coronakrise steht nicht für sich allein. Sie ruft also nicht hervor, sondern verstärkt bereits bestehende Probleme des gegenwärtigen Schulsystems: Der schulische Erfolg (oder Misserfolg) ist nach wie vor eng mit der sozialen Herkunft von Schülerinnen und Schülern verknüpft. Wenn die digitale Ausstattung mangelhaft ist, Eltern sich nicht kümmern können, die Deutsch-kenntnisse nicht ausreichend sind oder Lernschwächen vorliegen, dann gerät „Homeschooling“ zu einer einzigen Farce.
Während des Präsenzunterrichts geht zudem viel Zeit verloren, weil immer wieder der Hygieneplan im Vordergrund steht. Zeit, die die schwächeren Schülerinnen und Schüler dringend benötigen.
Ein „Maß an Flexibilität“ kann dazu führen, dass Kinder der einen Schule am Präsenzunterricht teilnehmen, Kinder der anderen Schule (zurück) ins „Homeschooling“ gehen. Abgesehen von der daraus entstehenden uneinheitlichen Schullandschaft, sind es wieder vor allem die schwächeren Schülerinnen und Schüler, die die politischen Versäumnisse (er)tragen müssen. Mit einer im Vorfeld ausreichenden Personaldecke wäre vieles einfacher geworden. So entfällt derzeit der Ganztag und damit Mittagessen, Struktur, Lernzeit und soziale Kontakte zu Gleichaltrigen.
Niemand weiß, wie sich das Infektionsgeschehen nach den Sommerferien entwickeln wird. Aber eines ist klar: Mit jedem Tag, der diese Krise andauert, geraten mehr und mehr Kinder ins Hintertreffen. Das kann am Ende zur Folge haben, dass eine Reihe von ihnen zusätzlichen Förderbedarf benötigen wird, vor allem dann, wenn der Stoff im regulären Schulbetrieb wieder aufgeholt werden muss. Ohne zusätzliche Unterstützung kann diese Krise für viele Schülerinnen und Schüler der Beginn einer unschönen Schullaufbahn werden.
Trotz dieser temporären Bildungskatastrophe kann die Coronakrise auch als Chance begriffen werden. Die Schwachstellen sind offengelegt. Jetzt geht es darum, den richtigen Weg einzuschlagen, um langfristig positive Entwicklungen voranzutreiben.
Helfen könnte dabei ein Blick in das bereits vorliegende Material: die Arbeitszeitstudie mit dem dazugehörigen Bericht des Expertengremiums, hunderte von Beschwerdebriefen mit detaillierten Zustandsbeschreibungen aus den Grundschulen, ebenso Hunderte von Resolutionen aus Personalversammlungen.
Für Fragen stehen Euch die Mitglieder der Fachgruppe Grundschulen im Schulbezirkspersonalrat zur Verfügung:
Wencke Hlynsdóttir 0441-96016394 // 0541-77046 291
Ulrike Kinzl 05461-969851 // 0541-77046 372
Stephan Schuder 0173-9567765 // 0541-77046 485