Der Koalitionsvertrag ist unterschrieben.
Auf mehr als 100 Seiten hat Rot-Grün ihr Vorhaben für die nächsten fünf Jahre festgehalten, für den Bereich Bildung sind an dieser Stelle einige Äußerungen durchaus erwähnenswert. Wir freuen uns natürlich,
dass einige der GEW-Forderungen aufgenommen worden sind.
Ein Beispiel ist die Anhebung der Besoldung für alle GHR-Lehrkräfte auf A13/ E13 und für die Fachpraxislehrkräfte von A9 auf A10. Endlich hat die Politik eingesehen, dass eine entsprechende Wertschätzung der Arbeit wichtig ist. Das geschieht eben auch über die Bezahlung.
Außerdem möchte die zukünftige Landesregierung schrittweise die Empfehlungen der Arbeitszeitkommission umsetzen. Das wäre endlich ein Schritt in die richtige Richtung angesichts der Belastung der Beschäftigten.
Für unseren Bezirk Weser-Ems fallen einige Bereiche besonders ins Gewicht. Zunächst gibt es den Passus über den Quereinstieg. Dieser soll erleichtert und die Quali-fizierungsangebote ausgebaut und verbessert werden. Eine bessere Qualifizierung ist auf jeden Fall zu begrüßen und auch dringend notwendig. Eine Erleichterung muss aber gut durchdacht werden, damit die Schulen auch wirklich von der Einstellung profitieren und die Quereinsteigenden nicht für die schlichte Verbesserung der Unterrichtsversorgung verheizt werden. Im Bezirk Weser-Ems sind in den letzten Jahren einige Kolleg*innen über den Quereinstieg eingestellt worden, vor allem in Bereichen, die schlecht versorgt sind. Hier muss darauf geachtet werden, dass das Verhältnis von Kolleg*innen mit und ohne Lehramtsausbildung nicht überstrapaziert wird.
Ins Auge springt der Absatz über die Weiterentwicklung der OBS zu IGS. In keinem Regionalen Landesamt gibt es so viele Oberschulen wie im RLSB Osnabrück. Während es im Bezirk Braunschweig z.B. nur insgesamt 31 OBS gibt, sind es in Weser-Ems 114. Eine doch erhebliche Zahl. Allein in der Stadt Osnabrück sind vor einem Jahr fast alle Realschulen zu Oberschulen umgewandelt worden. Die zwei noch bestehenden Hauptschulen und eine Realschule laufen aus. Auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht attraktiv erscheint, die Ober-schulen in Gesamtschulen zu überführen, kann dieser Prozess nur dann gelingen, wenn er gut begleitet und von allen mitgetragen wird. Auch die Aussage, dass für alle IGS zukünftig eine Oberstufe oder zumindest eine Kooperation angestrebt wird, dürfte einige Schulen in Weser-Ems freuen.
Gedanken haben sich die beiden Koalitionsparteien offen-sichtlich über die wohnortnahe Beschulung im ländlichen Raum gemacht. Dieser ist nun bekanntlich in Weser-Ems umfangreich. Die wohnortnahe Beschulung soll gesichert und gefördert werden, dabei wird auch von Kooperationsverbünden gesprochen. Leider fehlt hier ein Hinweis, was damit genau gemeint ist. Kooperieren, um Arbeiten zu bündeln und auf mehrere Schultern zu verteilen, könnte man sich ja vorstellen, aber kooperieren, um Beschäftigte hin und her zu schieben, wohl nicht.
Gute Nachrichten gibt es für die Schulleitungen von kleinen Grundschulen, auch davon gibt es in Weser-Ems reichlich. Laut Koalitionsvertrag sollen die vier Stunden Ermäßigung, die es aufgrund der Mehrbelastung durch Corona gegeben hat, verstetigt werden. Auch eine weitere Entlastung der Unterrichtsverpflichtung wird angestrebt.
Natürlich darf das Thema Digitalisierung nicht fehlen. „Der Einsatz digitaler Medien muss Normalität an allen Schulen in Niedersachsen sein“. Hört sich gut an, aber dann bitte auch die entsprechenden Voraussetzungen schaffen. Dazu gehört erst einmal ein funktionierendes W-LAN in allen Klassenzimmern und das in jedem Winkel von Weser-Ems.
Auch Aussagen zu multiprofessionellen Teams finden sich wieder. Perspektivisch soll jede Schule mit multiprofessionellen Fachkräften und Schulsozialarbeiter*innen ausgestattet werden. Hoffen wir, dass dieser Punkt möglichst schnell umgesetzt wird, denn die Fachgruppe Sozialpädagogik/ Schulsozialarbeit hat erst vor kurzem auf die prekäre Situation der Schulsozialarbeiter*innen an den Schulen in Weser-Ems bzw. in ganz Niedersachsen hingewiesen.
Wer den Koalitionsvertrag schon einmal gelesen hat, hat sicherlich noch weitere Punkte gefunden, die für die eigene Schule oder Region relevant sind. Sie alle hier aufzuführen würde zu weit gehen. Außerdem ist auch klar, dass alles erst einmal nur auf dem Papier steht. Für die GEW bleibt jetzt die Aufgabe, der Regierung auf die Finger zu schauen und Druck zu machen, dass die wichtigsten Punkte schnell umgesetzt werden. Dazu gehören auf jeden Fall die bessere Bezahlung für die GHR- und Fachpraxislehrkräfte und alle Maßnahmen, die zu einer Entlastung und Gesunderhaltung der Beschäftigten führen.
Es bleibt viel zu tun, sowohl für die neue Kultusministerin Frau Hamburg als auch für die GEW.
Ein Kommentar von Wencke Hlynsdóttir