Diesmal im Interview: Christiane Keßler

Lehrerin an der BBS des Landkreises Oldenburg mit der Aufgabe als Beraterin für Suchtfragen (BfS)

Hallo Christiane, als Lehrerin an einer berufsbildenden Schule engagierst du Dich besonders im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes.
Welche Gründe gab es für Dich, diese Aufgabe zu übernehmen?

Bereits als Erzieherin war ich in einer Suchtklinik für Jugend-liche tätig und habe dort erlebt, welch gravierende Folgen der Suchtmittelmissbrauch für die Entwicklung und das weitere Leben dieser jungen Menschen hat.  Später, während meiner Tätigkeit in einer psychosozialen Beratungsstelle als Dipl. Pä-dagogin und Psychotherapeutin, begegnete mir das Thema „Sucht“ in der Arbeit mit den Klientinnen häufiger als eine Folge von Gewalterfahrungen. Seit über 20 Jahren bin ich nun Lehrerin und Beratungslehrerin an einer berufsbildenden Schule. Auch hier begegnet mir das Thema in seinen unterschiedlichen Facetten.

Welche Aufgabenbereiche umfasst die Arbeit als BfS?

Das Aufgabenfeld ist sehr vielseitig und abwechslungsreich. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Beratung und Unterstützung bei riskantem Suchtmittelkonsum, entweder dem eigenen oder dem von Kolleginnen und Kollegen, um möglichst frühzeitig Hilfsmöglichkeiten aufzuzeigen und Wege zur Ansprache des sensiblen Themas zu finden. 

Die Präventionsarbeit ist ein weiterer großer Aufgabenbereich. Wir fahren dafür auch gern zu einer Dienstbesprechung in die Schulen und bieten Informationsveranstaltungen für Schulleitungen und für Schulkollegien an.

In akuten Fällen unterstützen wir bei der Suche nach einer geeigneten Suchtbehandlungseinrichtung, begleiten während der Suchtbehandlung, z.B. Klinikaufenthalt und bieten Unter-
stützung bei der Rückfallvermeidung.

Am allerwichtigsten ist es, dass in den Schulen bekannt wird, dass es Hilfen und vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten gibt. 

Wir sind als Berater:innen für Suchtfragen in der individuellen Beratung unabhängig und fachlich weisungsfrei und sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Was denkst Du, sollte sich im Umgang mit Sucht in den Schulkollegien ändern? 

Mangelnde Informationen über das Thema führen dazu, dass suchtgefährdete und suchterkrankte Kolleg:innen keine oder sehr spät Unterstützung erfahren. Die durch den riskanten und schädigenden Konsum bedingten Auffälligkeiten und Fehlverhaltensweisen werden in der Regel nicht rechtzeitig angesprochen und oftmals zu lange gedeckt. Je länger der Weg in die Abhängigkeit ist, umso länger und schwerer ist der Weg aus der Abhängigkeit heraus bzw. gelingt es Betroffenen nicht mehr gesund zu werden.
Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass Schulleitungen und alle in der Schule Beschäftigten gut informiert sind. 

Welche Handlungsmöglichkeit habe ich, wenn ich bei einer Kollegin oder einem Kollegen eine Sucht vermute?

Nicht wegschauen, sich verantwortlich und kollegial verhalten. 

Eine Suchterkrankung fällt nicht vom Himmel. Sie ist kein Schicksal, sondern sie entwickelt sich als schleichender Prozess. Deshalb sollten aus richtig verstandener Kollegialität Veränderungen des Verhaltens oder Auffälligkeiten früh angesprochen werden. Es geht nicht darum Vermutungen und Diagnosen zu thematisieren, sondern Interesse und Hilfsbereitschaft zu signalisieren.
Helfen diese kollegialen Gespräche nicht weiter, ist der nächste Schritt, die Schulleitung zu informieren. Hierbei geht es darum, die Kolleg:in zu unterstützen, das Problem frühzeitig zu erkennen und anzusprechen und geeignete Hilfsmaßnahmen auf den Weg zu bringen.

Welche Personen können sich an Dich wenden?

Wir sind für alle direkt und indirekt Betroffenen, Schulleitungen, Kolleg:innen, alle Beschäftigten in der Schule und natürlich für Personalräte, Beratungslehrer:innen und die Anwärter:innen im Studienseminar ansprechbar. Am Besten erreicht man uns über eine E-Mail oder direkt über das Telefon. 

Über den folgenden QR-Code sind die Kontakte direkt
abrufbar. 

Interview: Ulrike Kinzl